Schwere Kost - leicht zu verdauen

Die Kleine Oper Bad Homburger feiert erfolgreich Premiere mit "Der Freischütz - in der Hölle ist der Teufel los"

VON MARTINA PROPSON-HAUCK


Bad Homburg - Kinder mögen Oper. Wenigstens, wenn sie so aufgeführt wird wie der Freischütz. Die meisten Kinder ließen sich gestern Abend im Kurtheater mitreißen von der Musik, den altersgerechten Späßen und dem Witz der Inszenierung, die sich über die Vorlage Carl Maria von Webers lustig macht.


Begeistert tanzten zum Schluss rund 150 von Zuschauern zu Akteuren beförderte Kinder auf der Bühne des Theaters zum Finale einer äußerst gelungenen Premiere des "Freischütz" mit dem Untertitel "In der Hölle ist der Teufel los". Der knattert auf dem Motorrad über die Bühne, grummelt auf hessisch und lässt sich von seinen Teufelskindern immer wieder an der Nase herumführen.


Die Hölle ist das Zentrum der Handlung. Dort erzählt die attraktive Teufels-Großmutter mit dem unwiderstehlichen Charme und Können von Ingrid El Sigai ihren drei Enkeln die Geschichte von Max, dem Jäger, seiner Liebe zur Oberförstertochter Agathe, der "hysterisch, zickigen Betschwester". Und vom Bösewicht Kaspar und den Freikugeln, die immer treffen und deren siebte der Teufel selbst lenkt.


Klassik mit viel Augenzwinkern


Der Freischütz für Kinder? "Das ist ja doch ein bisschen schwere Kost", urteilte die Mutter von zwei Jungen, die mit der Handlung nicht so ganz mitkamen und ursprünglich in der Hoffnung ins Theater gelotst wurden, dort so etwas wie "Max und Moritz", die letzte Inszenierung der Kleinen Oper, vorzufinden.


Doch Otto Mayr, Direktor der Kleinen Oper, verlangt seinem jungen Publikum auch ab, dass es sich auf so etwas Unbekanntes wie eine klassische Oper einlässt. Darin muss Teufelsbub Lars Keitel als Streber immer Klavier spielen. Er reklamiert, doch eigentlich viel lieber auf den Fußballplatz zu wollen. Die Teufelsenkel sprechen wie ihre jungen Zuschauer, finden alles "cool" und melden "alles Rodscher". Doch wenn die Oma meint, in der Wolfsschlucht gehe gleich "der Punk ab", verstehen sie nur, etwas gehe "vom Schrank ab". Das erheiterte auch die beiden Jungs, die eigentlich lieber so was wie Max und Moritz wollten.


Als Held Max sich nach seiner Niederlage im Preisschießen gegen Kaspar singend schier am Boden zerreißen wollte, kapierte auch ein Zwerg im Publikum: "Gell, der ist jetzt sauer!" So ist das mit der Universalität von Musik.Aber warum da zum Schluss "ein Geist" den Kaspar hinter die Bühne zerrt, das blieb diesem kleinen Zuschauer ein ungelöstes Rätsel.


Die Größeren ab acht Jahren aufwärts verstanden schon eine ganze Menge mehr. Wie die Geschichte endete? Na ist doch klar, sagte Lilith (achteinhalb): "Der Teufel hat die letzte Freikugel auf Agathe gelenkt, doch die hatte doch ein Kreuz, deshalb hat Gott die Kugel umgelenkt auf den bösen Kaspar und deshalb musste der sterben."


Mayr versteht es, auch das große Publikum immer wieder zu überraschen. Beim wohlbekannten Jägerchor standen plötzlich im Publikum einige Herren auf, intonierten den Ohrwurm und entpuppten sich später als Bachchor der Erlöserkirche.


Die rockigen Musikeinlagen vom Band hat das Bad Homburger Duo "Nanu" komponiert - Sven Valenta und Thorsten von Aufschnaiter. Ihre CD mit dem Hit "In der Hölle ist der Teufel los" fand im Foyer reißenden Absatz. Ein Teil des Erlöses geht an den Rotary-Club Bad Homburg, der in der Pause ebenfalls CDs verkaufte für das Projekt "Musik, die hilft". Damit werden Familien im Hochtaunuskreis unterstützt, in denen Kinder leben, deren Eltern Krebs haben. Mehr als 25 000 Euro sind dafür bereits zusammen gekommen. Und weil die Rotarier davon überzeugt sind, dass Musik nicht nur helfen kann, sondern die von Otto Mayr und seiner Truppe einfach viel Unterstützung verdient, haben sie neben vielen weiteren Sponsoren die aktuelle Produktion der Kleinen Oper auch finanziell unterstützt.


Wirklich ärgern müssen sich allerdings diejenigen, die die Premiere verpasst haben und bis November auf die Rückkehr der Lokalmatadoren von ihrer Tournee nach Bad Homburg warten müssen



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Frankfurter Neue Presse


Der Freischütz und die Jagd auf die Million

Bad Homburg. Otto Mayr ist bekanntlich ein Mann mit Visionen – und persönlichen Zielen. „Eine Million Zuschauer will ich zusammenbekommen, bevor ich mich zurückziehe“, sagt der Impresario der Kleinen Oper. Mit seiner neusten Inszenierung – dem „Freischütz“ – dürfte er seinem Traum wieder ein gutes Stück näher kommen. In den vergangenen 12 Jahren besuchten bereits 850 000 Menschen die Aufführungen der Kleinen Oper, in diesem Jahr dürften gut und gerne noch mal 50 000 dazu kommen. Mayr: „100 Auftritte vor im Schnitt 500 Zuschauern sind für dieses Jahr bereits gebucht.“ Von Hamburg bis an den Bodensee führt die Tournee das Ensemble kreuz und quer durch die Republik. Die Premiere aber wurde gestern traditionell im Kurtheater aufgeführt – natürlich vor ausverkauftem Haus.

Viele Gags, pyrotechnische Elemente und klassische Musik vom Feinsten, aber auch unheimliche Szenen prägen die neue Produktion der Kleinen Oper Bad Homburg. Unheimlich muss es schon zugehen, schließlich kann man den „Freischütz“ von Carl Maria von Weber nicht verniedlichen. Da geht es um einen Pakt mit dem Teufel, der um Mitternacht in der Wolfsschlucht erscheint und Kaspar und Max die ersehnten Freikugeln verschafft. Hoch richtet sich ein knuffiger Vampir am Bühnenrand auf und verströmt schier grauenerregende Atmosphäre. Der Pianist Lars Keitel greift kräftig in die Tasten und lässt das schaurig schöne Geschehen in der Wolfsschlucht mit den berühmten Tönen Webers zu einem mitreißenden Erlebnis werden.


Doch die Kleine Oper bleibt ihrem Motto treu und beschert dem begeisterten Publikum in erster Linie ein munteres Familienmusical – auch wenn die diabolische Handlung in eine höllische Szenerie eingebettet wird. Die kleinen Teufelchen sind nämlich auf das Buch vom „Freischütz“ gestoßen und fragen die Großmutter (bildhübsch und mit wundervollem Sopran: Ingrid El Sigai), was es mit dieser Geschichte auf sich habe. Sie zögert erst, weil sie sich damals vor Luzifer mächtig blamiert hat, erzählt dann aber doch die ganze Geschichte.


Die Teufelchen schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen und bieten eine skurrile und sehr unterhaltsame Kurzfassung der frühromantischen Oper: Peter Vollhardt ist ein herrlich hessisch babbelnder Luzifer auf einem Kleinkraftrad, Peer Martin Sturm ein stimmgewaltiger Max, Keitel außer seinem virtuosen Klavierpart der resolute Brautvater Kuno und schließlich natürlich Otto Mayr selbst als profunder Bariton und rachsüchtiger Kaspar. Als Premieren-Bonbon gab es sogar den Jägerchor live, denn im Publikum verteilt saßen die Männer des Erlöserkirchenchores und intonierten aus mächtigen Kehlen das unsterbliche Opus von Weber.


Das Ensemble ist seinen Attributen treu geblieben, bot klassische Musik mit herausragenden Sängern nebst souveränem Pianisten, eine schlüssige, straffe und humorvolle Rahmenhandlung, ohne die Grundelemente des Werkes außer Acht zu lassen. Wieder ein „Bravo“ für das Ensemble, das nun mit dem „Freischütz“ auf Tournee geht



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Freischütz, Kritiken