Die Wahrheit über Maria und Joseph, Kritiken

Taunuszeitung


Skurrile Geschichten und freche Lieder von Maria und Josef

Von Olivera Gligoric-Fürer


Friedrichsdorf. Sofort war das Publikum gefesselt. Neugierig verfolgten die Zuschauer jedes Wort, das auf der Bühne gesungen oder gesprochen wurde, sie wollten auf gar keinen Fall etwas verpassen. Die Sängerin Ingrid El Sigai und der Pianist Markus Neumeyer gastierten am Samstag in Garniers Keller und präsentierten passend zur Jahreszeit «Die Wahrheit über Maria und Josef» – skurril verdreht, der Inhalt des Programms, dabei wunderbar durchdacht und gut pointiert.


Die äußere Erscheinung des Duos strahlte durchaus Seriosität aus, wegen ihres Abendkleids und seines Fracks, aber ihre Mienen verrieten das genaue Gegenteil. Beiden saß der Schalk im Nacken. Die Diskrepanz zwischen Schein und Sein sprang die Zuschauer förmlich an. Die Sängerin bewies ihr Können in den unterschiedlichsten Tonlagen – denn sie wechselte häufig die Genres, von klassischem Sopran zu Chansons und manchmal auch zu Sprechgesang. Was auch immer über ihre Lippen kam, die Zuhörer waren bei ihr.



Eingebettet waren die Darbietungen der beiden Künstler in biblische Geschichten, die Neumeyer, manchmal im Wechsel mit El Sigai, vortrug. Dazu gehörten die Entstehungsgeschichte des Menschen aus dem Buch Genesis, aber natürlich auch die Geburt Jesu im Wortlaut des Matthäus-Evangeliums. Auf solider Grundlage fußte also das Bühnenprogramm: Die Künstler entstellten keineswegs den Sinn des Inhalts, sondern hinterfragten gewitzt die Bedeutung dieser ganzen Geschichte. Ein bisschen zum Nachdenken anregen sollte es nämlich schon, sagten die beiden Künstler.


Aufgelockert wurden die Lesungen immer wieder durch frech-fröhliche Lieder. Stücke von Friedrich Holländer und Georg Kreisler gehörten ebenfalls zum Repertoire, aber auch die Vertonung des Gedichts «Über die Verführung der Engel», von Bertolt Brecht.


Bei all diesen Interpretationen beeindruckten sie mit einer enormen Bühnenpräsenz, wobei sie ihre Schauspielkunst meistens nur auf Mienenspiel und Gestik beschränkten – aber die Wirkung war großartig. Insbesondere als El Sigai demonstrierte, dass sie durchaus der verschiedenen deutschen Dialekte, von Sächsisch bis Bayerisch, mächtig ist. Und jeder «Mama» wäre das Herz aufgegangen, wenn sie Neumeyers Vertonung von Robert Gernhardts Muttertagsgedicht gehört hätte: Allerdings kaum wegen des eher fragwürdigen Inhalts, sondern weil der Pianist und Sänger so kindlich naiv dreinschauen konnte.


Markus Neumeyer hat Orchester dirigieren studiert und leitete unter anderem das Musical «Lola Blau», von Georg Kreisler. Ingrid El Sigai studierte Gesang und gehört, unter anderem, zum Ensemble der «Kleinen Oper Bad Homburg». Darüber hinaus ist sie für Rundfunk und Fernsehen tätig.


zurück...