FAZ

von Hans Riebsamen


Pa pa pa pa pa .


Unverschämt, dieser Mozart. Geradezu schamlos. Ein alter junger Sauschwanz - wie er sich in den schweinischen Bäsle-Briefen selber tituliert hat. Dieser "Motz-Art" hat dem aller marmornen Heldenverehrung abholden Frank Wolff und seinen Mitstreitern, Markus Neumeyer und Ingrid El Sigai, besonders gefallen. Doch auch sie wissen, dass der Jubilar weit mehr als nur ein unverschämter Frechdachs war, nämlich auch ein verdammt guter Musiker. Und so haben die drei schamlos sein Riesenwerk geplündert für eine Mozart-Collage, die zwischen den Polen "motz" und "zart" wucherte, also zwischen laut und leise, abgedreht und zugewandt, satirisch und liebesleidend...
Unverschämt frech das Hauptspiel, diese "Zauberflöte" im Schnelldurchgang, eine Nachhilfestunde für Opernbanausen, denen die ganze bizarre Geschichte von der Königin der Nacht und ihrem Vogelfänger, von Tamino und Pamina, von Monostatos und Sarastro zu langatmig ist, um sie einen ganzen Bühnenabend lang zu verfolgen. Unverschämt gut, wie sich Ingrid El Sigai als gutaussehende Königin der Nacht hochkoloratourt. Noch unverschämter, wie Frank Wolff Sarastros heilige Halle, in der man die Rache nicht kennt, in einen Louis-Armstrong-Planeten namens "wunderbare Welt" verwandelt. Am allerunver-schämtesten aber ist Markus Neumeyer, weil er aus Tamino einen amerikanischen Schmalzkönig macht.
Solch schamlose Persiflage können sich indes nur Künstler leisten, die Mozarts Musik technisch und geistig gewachsen sind. Und sie sind es alle drei: Wolff auf dem Cello, Neumeyer auf dem Klavier und El Sigai mit ihrer Stimme.


Offenbach Post

von MATTHIAS TOWAE

von Loriot zur Zauberflöte, Skurrile Inszenierung der Mozart-Oper


Dietzenbach - Gerade erst beendet, erlebte das Mozart-Jahr seine Renaissance im Aktionstheater des Bürgerhauses. Wie das? Der 251. Geburtstag Wolfgang Amadeus Mozarts wurde im Kreise von rund 100 Liebhabern ausgefallen-provokanter Kunst gefeiert. Ein literarisch-musikalisches Feuerwerk, gespickt mit viel Wortwitz, Situationskomik und ohrenschmeichelnden Klängen brach über die Gäste des Kabaretts "Motz-Art" herein.

Mit der Frage "Was kommt denn eigentlich heute Abend im Fernsehen?" schaffte das Kabarett-Trio einen aufreizenden Einstieg, mit dem die Drei gleichermaßen belegten, dass sie durch Loriots Schule gegangen sind. Ingrid El Sigai, Frank Wolff und Markus Neumeyer haben die hohe Kunst dieser Sketche verinnerlicht: aufs Vortrefflichste das Zwischenmenschliche spitz und doch wahr zu karikieren. Man kann es auch als die hohe Kunst des Aneinandervorbeiredens bezeichnen.

Ingrid El Sigai bezauberte mit raumfüllender Stimme und dem Talent, von Mozart verfasste Briefe in charmantem wienerischen Dialekt zu rezitieren. Nicht minder gekonnt waren die eingestreuten Anspielungen auf ihre Engagements in Fernsehen ("Lottofee") und Hörfunk, dem El Sigai ihre Stimme für das HR-2-Kulturprogramm leiht. Virtuos akzentuiert von Markus Neumeyer am Flügel. Frank Wolff sorgte mit seinem Cello für den sonoren und gleichermaßen wandlungsfähigen Grundton. Mal zupfte er, was Jazz-Anleihen erkennen ließ, mal ließ er sein Cello aufschreien.

Ganz im Zeichen einer Neuinterpretation der Mozart-Oper "Die Zauberflöte" stand der zweite Akt des  Kabaretts. Kunstfertig-skurril und minimalistisch insze nierte das Trio Mozarts berühmtes Werk. Spätestens als sich die Pointen überschlugen, als beispielsweise aus dem Mohr Monostatos - um politisch korrekt zu bleiben - der "Dickmann" wurde, dürfte das Herz manches Opern-Freundes höher geschlagen haben.

Herzerwärmende Worte für die Zuschauer sparte sich Wolff allerdings bis zum Schluss auf: Mit "What a wonderful World in Dietzenbach" entließ er die beschwingten Gäste in die Nacht.


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Acherner Zeitung


Frankfurter Musiker boten im Bürgersaal Achern einen musikalisch-literarischen Spaziergang


Drei Heroen des Frankfurter Konzertbetriebs brachten im Acherner Bürgersaal Wolfgang Amadeus Mozart ein köstlich verrücktes Geburtstagsständchen. Der musikalisch-literarische Spaziergang durch das Werk des Wiener Wunderkinds stürzte das Publikum von eine Überraschung in die andere.

9.10.2006 - Achern.

Nach der Mozart-Hommage von Gudrun Landgrebe bot das Acherner Kulturprogramm »gong« ein weiteres Highlight zu Ehren des Jahrhundertkomponisten. Die Besetzung konnte sich sehen lassen. Ingrid El Sigai, einem Millionenpublikum als (Ersatz-) Lottofee der ARD sowie als TV- und Radio-Moderatorin bekannt, gilt außerdem als hoch geschätzte Opernsängerin. Cellist Frank Wolff studierte Musik in Freiburg, danach in Frankfurt Philosophie bei Adorno. Hier zählt er bald zu den Hauptakteuren der Studentenrevolte und avanciert zum Sprecher des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Doch während seine Kampfesbrüder, darunter Joschka Fischer, ihr Proletarier-Bewusstsein am Opel-Fließband stählten, blieb Wolff zu Hause und schonte die empfindlichen Musikanten-Hände. Mit dem von den Genossen als »scheißbürgerliches Instrument« verdammten Cello wurde Wolff später zum bundesweit gefeierten Star der Avantgardemusik. Zusammen mit seiner 2005 verstorbenen Bühnen- und Lebenspartnerin Anne Bärenz gründete er 1981 das in diesem Jahr wiederbelebte »Frankfurter Kurorchester«.

Zur musikalisch-literarischen Spöttertruppe gehört auch Pianist Markus Neumeyer, der die Arrangements des Mozart-Abends besorgte. Der ehemalige Leiter der Kammeroper Frankfurt entpuppte sich in Achern als mitreißendes komisches Talent, der darüber hinaus über eine ausgezeichnete Singstimme verfügt.


Für die großen Arien zum Beispiel aus Don Giovanni ist Ingrid El Sengai zuständig. Ihre im Stil einer Primadonna abgelieferten atemberaubenden Kolaraturen verzückten die Acherner. Ebenso klar ist auch, dass mit Frank Wolff, dem intimen Duzfreund der Satire-Könige der »Neuen Frankfurter Schule«, kein reiner Belcanto- Abend zu machen ist. Egal, am Cello ist Wolff ein Genie, und wenn er zum Beispiel bei »Bastien und Bastienne« sein »Diggi, daggi, schurry, murry« brummt, ist ebenfalls Stimmung angesagt. Der erste Teil des Programms bietet neben Arien und Liedern auch einen der von El Sigai mit »Weaner Zungenschlag« vorgetragenen Bäsle-Briefe und passend gemachte Loriot-Texte.

Nach der Pause ging es mit einer satirisch gewürzten Kurzfassung der »Zauberflöte« weiter. Mal folgte das Trio meisterlich der Mozart-Notation, dann gab es wieder deftige »Motz-Art«, in der das Szenen-Material kräftig gegen den Strich gebürstet wurde. Als Königin der Nacht koloratourte sich El Sagai in einsame Höhen, während Wolff den Rathaussaal in Tom Waits Manier in eine »heilige Halle« verwandelte. Die Stimmung schwankte zwischen heiter und bewundernd, wobei die humorigen Anteile überwogen. Und als am Ende von Paminas herzzerreißender g-Moll-Klage: »Ach, ich fühl's, es ist entschwunden« genau auf den Punkt die Rathaus-Standuhr ihren Stundenschlag dazu gab, konnte man glauben, dass Herr Mozart persönlich Regie führte und sich einen kleinen Extra-Jokus leistete.


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Mozart Moz-art so zart, Kritiken